Wer mich kennt, weiß, dass ich normalerweise keine entspannten Urlaube mache. Die letzten Jahre waren geprägt von langen und abenteuerlichen Zugreisen, die mich quer durch Europa geführt haben – immer auf der Suche nach dem perfekten Moment, der perfekten, festgehaltenen Landschaft. Doch dieses Jahr war anders. Eine bevorstehende große Ausstellung in meiner Lieblingsgalerie, der Amthof-Galerie Bad Camberg hat mich bewogen, meine Reisegewohnheiten zu ändern.

Erstmal brachte ich meinen Sohn nach Rijeka (natürlich mit dem Zug), wo meinen Eltern ihn zu ihrem traditionellen Großeltern-Enkel-Campingurlaub abholten. Dann startete mein eigener Urlaub, der mich ins kroatische Hinterland führte. Mein Ziel war es, ein kleines, persönliches Art Retreat zu veranstalten – ein Plan, den ich schon lange hatte, aber nie wirklich in die Tat umgesetzt habe.

Ich hatte eine fantastische vegane Unterkunft in einem winzigen Dorf nahe Karlovac gefunden, das sich vor allem durch seine Abgelegenheit auszeichnet. (Wer schon mal versucht hat, im Balkan vegan zu esssen wird verstehen, was das für ein Glücksgriff ist!). Umgeben von unberührter Natur und mit so gut wie nichts, was mich ablenken könnte. Keine hektischen Fahrpläne, keine langen Zugfahrten – nur ich, meine Bilder und die Stille. Mein Plan war einfach: eine Woche lang alle Bilder der letzten Jahre durchsehen, aussortieren, in ein Konzept gießen und die Auswahl für die Ausstellung treffen. Vielleicht würde ich sogar noch mein Buchprojekt voranbringen. Eine Woche würde ja wohl reichen, dachte ich.

Jeder, der jemals mit großen Bildmengen gearbeitet hat oder eine Ausstellung geplant hat, wird jetzt wahrscheinlich schmunzeln. Natürlich bin ich nicht ansatzweise fertig geworden. Die schiere Menge an Bildern, die sich über die Jahre angesammelt haben, war überwältigend. Aber was ich in dieser Woche erreicht habe, war viel mehr wert als nur das Abarbeiten einer To-Do-Liste.

Was mir bisher gefehlt hatte, zeigte sich klar in dieser Woche: Ich habe immer einzelne Momente aus meinen Zugreisen herausgegriffen, die zwar als Einzelstücke eine wunderbare Strahlkraft haben, aber nicht den kompletten Zauber der Zugreise zeigen. Es ist die graduelle Änderung der Landschaft, das immer wieder Neue, das vor dem Fenster auftaucht, die Einzigartigkeit jedes Moments innerhalb eines spürbaren Charakters einer Landschaft – das ist das, was ich wirklich einfangen möchte. Diese Erkenntnis habe ich aus dieser Woche mitgenommen, und sie wird die kommende Ausstellung prägen.

Als ersten “Prototypen” habe ich die Zugfahrt von Rijeka nach Karlovac auf eine Reihe von aufeinanderfolgenden Augenblicken eingedampft. Mein Lieblingsbild dieser Reise (das Beitragsbild des Artikels) wird in der Ausstellung in Bad Camberg hängen, aber hier möchte ich euch den gesamten Weg dorthin und weiter zeigen. Es ist die erste Strecke, die ich in eine Sequenz überführt habe, genau so, wie ich es für die Ausstellung mit der Reise im Connecting Europe Express gemacht habe.

Diese Woche im Nirgendwo war genau das, was ich gebraucht habe. Es war eine Entscheidung, die mir nicht nur geholfen hat, meine Ausstellung vorzubereiten, sondern auch meine eigene künstlerische Richtung klarer zu sehen. Manchmal braucht es einfach den Mut, sich aus dem Alltag herauszunehmen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Ich freue mich jetzt mehr denn je darauf, meine Arbeit mit euch zu teilen. Die Ausstellung im September „Entlang der Gleise – Momente zwischen hier und dort“ ist ein erster Einblick in die vielen Schienenkilometer, die ich in den letzten Jahren zurückgelegt habe. Es ist auch ein erster Schritt dahin, neben den einzelnen Augenblicken auch die Reise an sich spürbar zu machen. Ich freue mich sehr, dass du auf dieser Reise dabei bist!

Herzlichst,
Jennifer